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Alternative Tests für den Tierschutz

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Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts etablieren neue Methoden der Pyrogentestung im Europäischen Arzneibuch – und bieten damit eine Alternative zu Tierversuchen mit Kaninchen und Pfeilschwanzkrebsen.

Für die Qualitätskontrolle von Arzneimitteln schreibt das Europäische Arzneibuch (Pharmakopöe) unter anderem auch Tierversuche vor. Das Paul-Ehrlich-Institut forscht seit Jahren an der Entwicklung alternativer Testmethoden. Nun ist dem Team um Dr. Ingo Spreitzer vom Fachgebiet Mikrobiologische Sicherheit der Abteilung Mikrobiologie ein weiterer Durchbruch gelungen. Im Januar 2021 trat eine Überarbeitung der Pharmakopöe in Kraft, die eine Pyrogentestung gänzlich ohne Tiere ermöglicht.

Pyrogene sind Verunreinigungen, die nach einer Injektion Fieber und schockähnliche Zustände verursachen. Auslöser sind insbesondere Lipopolysaccharide (Endotoxine), die in der Membran von gramnegativen Bakterien wie E. coli enthalten sind. Um Pyrogene auszuschließen, gibt es zwei traditionelle Prüfverfahren: den Kaninchen-Pyrogentest (RPT) und den LAL-Test (Limulus-Amoebozyten-Lysat-Test).

Für den RPT wurden in Deutschland von 2014-17 jährlich mehr als 6.000 Kaninchen benötigt. Entwickeln die Tiere Fieber, weist diese Immunantwort auf Pyrogene hin. Das Paul-Ehrlich-Institut war an der Entwicklung des Monozyten-Aktivierungstestes (MAT) als Alternative zum RPT beteiligt, und setzt ihn seit der Akkreditierung 2014 zur staatlichen Chargenprüfung ein. Er basiert auf menschlichen Blutzellen, seine Ergebnisse sind daher optimal auf den Menschen übertragbar. 2010 wurde der In-vitro-Test mit PEI-Beteiligung in die Pharmakopöe als Hauptkapitel (General Chapter) aufgenommen und bietet seitdem eine Alternative zum Kaninchentest.

Dr. Ingo Spreitzer (Quelle: M. Reiss / Paul-Ehrlich-Institut)

Die In-vitro-Tests MAT und rFC sind als Alternative zum Tierversuch im Europäischen Arzneibuch festgeschrieben. Jetzt gilt es, die Monographien der einzelnen Arzneimittel anzupassen. Für den FSME-Impfstoff ist uns das bereits gelungen.

Dr. Ingo Spreitzer , Stellvertr. Leiter des Fachgebiets Mikrobiologische Sicherheit

Endotoxine lassen sich mit Blutkomponenten des Pfeilschwanzkrebses, Limulus polyphemus, nachweisen und auch quantifizieren. Das in den Blutzellen (Amöbozyten) des Pfeilschwanzkrebses enthaltene Protein Faktor C (FC) reagiert auf Endotoxine, indem es die Bakterien bindet. Um dieses Protein zu gewinnen, wird der bedrohten Spezies, die bereits vor 150 Millionen Jahren auf dem Meeresboden lebte, Blut entnommen. Danach werden die lebenden Fossilien zurück ins Meer gebracht – doch geschätzte 8-15 Prozent der Tiere sterben. Entnahme und Bestand werden streng überwacht, aber den weltweit steigenden Bedarf an LAL-Reagenzien können die Krebse nicht dauerhaft decken.

Seit Januar 2021 gibt es eine Alternative: Einen in die Pharmakopöe aufgenommenen rekombinant hergestellten rFC-Test, dessen Umsetzung Dr. Spreitzer über Jahre aktiv vorangetrieben hat.

Gremien

  • Dr. Ingo Spreitzer, European Pharmacopoeia: Working Party BET Bacterial endotoxins test (Chair) - EDQM

Literatur

Bolden J, Knutsen C, Levin J, Milne C, Morris T, Mozier N, Spreitzer I, von Wintzingerode F (2020): Currently available recombinant alternatives to horseshoe crab blood lysates: Are they comparable for the detection of environmental bacterial endotoxins? A Review.
PDA J Pharm Sci Technol 74: 602-611.

Etna MP, Giacomini E, Rizzo F, Severa M, Ricci D, Shaid S, Lambrigts D, Valentini S, Galli Stampino L, Alleri L, Gaggioli A, Von Hunolstein C, Spreitzer I, Coccia EM (2020): Optimization of the monocyte-activation-test for evaluating pyrogenicity of tick-borne encephalitis virus vaccine.
ALTEX 37: 532-544.