Gentherapie bei Muskelschwund
Gentherapien bieten Chancen für die Heilung genetisch bedingter Erkrankungen. Das Paul-Ehrlich-Institut unterstützt die Entwicklung dringend benötigter Gentherapien bis hin zur Zulassung – und bringt sie damit zu den Patientinnen und Patienten.
Bekannt wurde es als „teuerstes Medikament der Welt“: Seit Mai 2020 ist das Gentherapeutikum Onasemnogen-Abeparvovec (Zolgensma) für die Behandlung von bestimmten Formen der spinalen Muskelatrophie zugelassen. Eines von 10.000 Kindern ist von diesem genetisch bedingten Muskelschwund betroffen, der unbehandelt bereits im Kindesalter tödlich enden kann.
Das Unternehmen Novartis stellte im Februar 2020 das damals bereits in den USA zugelassene Arzneimittel 100 betroffenen Kindern weltweit vorab zur Verfügung. Damit auch Kinder in Deutschland davon profitieren konnten, genehmigte das Paul-Ehrlich-Institut ein Härtefallprogramm für Zolgensma. Ein Härtefallprogramm kommt bei schweren oder lebensbedrohlichen Krankheiten vor einer Zulassung zum Einsatz, für die es keine adäquate zugelassene Therapie gibt.
Durch unser Engagement im CAT bringen wir die Expertise des Paul-Ehrlich-Instituts dort ein, wo eine schnelle und zugleich sichere Zulassung gefordert ist – bei innovativen Therapien für Menschen, die darauf angewiesen sind.
Dr. Martina Schüßler-Lenz , Vorsitzende des Ausschusses für neuartige Therapien (CAT)
Währenddessen lief das Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA). Der Ausschuss für neuartige Therapien (Committee for Advanced Therapies, CAT) unter Leitung von Dr. Martina Schüßler-Lenz hat die Gentherapie als Arzneimittel für neuartige Therapien bewertet. Dr. Egbert Flory leitete als Ko-Rapporteur des CAT die Bewertung durch die Expertinnen und Experten des Paul-Ehrlich-Instituts. Am 27.03.2020 empfahl der übergeordnete Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, CHMP) die Gentherapie zur Zulassung. Am 18.05.20 sprach die Europäische Kommission die Zulassung aus.
Hintergrund: Genfähren für das Überleben
Genfähren (Vektoren) schleusen DNA als Bauanleitung für das menschliche Survivor-Motoneuron (SMN)-Protein in die Motoneuronen im Rückenmark ein und verlängern so deren Überleben. Motoneuronen leiten Impulse aus dem Gehirn an zahlreiche Muskeln im ganzen Körper weiter. Fehlen diese Impulse, können sich die Muskeln nicht richtig entwickeln. Bei den Vektoren handelt es sich um gentechnisch erzeugte Vektoren, abgeleitet vom Adeno-assoziierten Virus (AAV). Zolgensma muss nur einmal intravenös gegeben werden und die Ergebnisse waren ermutigend.
Besondere Aktivitäten
- Dr. Martina Schüßler-Lenz (Chair), Dr. Jan Müller-Berghaus, Dr. Egbert Flory; Committee for Advanced Therapies (CAT) – EMA