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Stark in der Pandemie

Stark in der Pandemie

Das Paul-Ehrlich-Institut hat einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der SARS-CoV-2-Pandemie geleistet. Voraussetzung dafür war der Erhalt seiner Arbeitsfähigkeit.

SARS-CoV-2-Pandemie: Was hat das für das Paul-Ehrlich-Institut bedeutet?

Professor Cichutek: Die Pandemie erforderte die schnelle Entwicklung und Zulassung von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln gegen COVID-19. Wir nutzten unsere bewährten Prozesse – und waren immer auch offen für neue Wege. Die breite Aufstellung des Paul-Ehrlich-Instituts hat sich dabei als Vorteil erwiesen: Als wichtiger europäischer Akteur sind wir weltweit vernetzt, regulatorisch versiert und wissenschaftlich auf neuestem Stand.

Professor Vieths: Wir haben sofort Maßnahmen getroffen, um das Paul-Ehrlich-Institut arbeitsfähig zu erhalten. Dafür aktivierten wir im Februar 2020 den internen Krisenstab, der die pandemische Lage beobachtete und deren Auswirkungen auf interne Prozesse beurteilte. Mit hoher fachlicher Kompetenz traf das interdisziplinäre Team ausgewogene sowie praktisch umsetzbare Entscheidungen und schaffte damit Arbeitsbedingungen, in denen das Paul-Ehrlich-Institut seinen Beitrag zur Pandemiebewältigung im vollen Umfang leisten konnte.

Entwicklung und Zulassung von COVID-19-Impfstoffen: Wie war das so schnell möglich?

Cichutek: Es gab bereits Vorarbeiten zu Impfstoffen gegen SARS-CoV-1 und MERS, das potenziell schützende Antigen war somit bekannt. Zudem hatten wir am Paul-Ehrlich-Institut bereits Erfahrung mit der Entwicklung von mRNA- und Vektorimpfstoffen in anderen Indikationen wie Krebs und Ebola. Mit dieser Expertise konnten wir durch wissenschaftliche Beratungen die Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen maximal unterstützen. Bei der Zulassung waren die Kombination klinischer Prüfungsphasen sowie der „Rolling Review“ wichtige Beschleuniger. Dabei standen Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe immer im Mittelpunkt.

Gefragter Ansprechpartner der Medien: Was ist Ihre Botschaft?

Cichutek: Wir haben Medien und Öffentlichkeit zeitnah und wissenschaftlich fundiert über neueste Entwicklungen bei Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln gegen COVID-19 informiert. So konnten wir viele Menschen überzeugen, der regulatorischen Arbeit des Paul-Ehrlich-Instituts und der Europäischen Arzneimittelagentur zu vertrauen – und somit möglicherweise auch zu einer höheren Impfbereitschaft beitragen.

Sicherheit der COVID-19-Impfstoffe: Wie wird sie überprüft?

Cichutek: Wir haben ein etabliertes und effektives Pharmakovigilanz-System, um die Sicherheit von Impfstoffen und biomedizinischen Arzneimitteln zu überwachen – vor und nach der Zulassung. Für die Nebenwirkungsüberwachung bei COVID-19-Impfstoffen haben wir frühzeitig zusätzliche Maßnahmen wie die SafeVac-App etabliert. Über dieses Tool können Geimpfte regelmäßig zu ihrem Befinden Auskunft geben. So erheben wir zeitnah zusätzliche Daten zur Verträglichkeit – und langfristig auch zur Wirksamkeit.

Europäische Arzneimittelagentur (EMA): Wie ist die Zusammenarbeit?

Cichutek: In wissenschaftlichen Ausschüssen und Arbeitsgruppen der EMA arbeiten wir intensiv mit Expertinnen und Experten der europäischen Arzneimittelbehörden zusammen – und sind somit gleichzeitig wissenschaftlich-inhaltlicher Teil der EMA. Der Beitrag des Paul-Ehrlich-Instituts ist dabei herausragend: Wir sind seit über einem Jahrzehnt führend bei der Übernahme von Verfahren für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Das europäische Prinzip, mit einer zentralen Zulassung der Europäischen Kommission Arzneimittel in ganz Europa verfügbar zu machen, hat sich in der Pandemie bewährt.

Internationale Netzwerke: Wie war der Beitrag des Paul-Ehrlich-Instituts?

Cichutek: Das Paul-Ehrlich-Institut übernimmt Verantwortung für die weltweite Bewältigung der Pandemie. Dafür arbeiten wir eng mit der WHO und anderen internationalen Organisationen zusammen. So arbeite ich als Ex-officio-Mitglied in der Internationalen Koalition der Arzneimittelbehörden – der ICMRA. Bei dem ersten Meeting der ICMRA zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie haben wir vorgetragen und konnten damit zu einer weltweit harmonisierten wissenschaftlichen Beratung zur Entwicklung von COVID-19-Impfstoffen beitragen. Bei der WHO nehme ich in der COVID-19-Arbeitsgruppe der Strategic Advisory Group of Experts on Immunization – SAGE – und im Expert Committee on Biological Standardization – dem ECBS – teil.

Deutsche Ratspräsidentschaft 2020: Was ist das Fazit?

Cichutek: Die deutsche Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 stand im Zeichen der Pandemie. Die EU ist ein wichtiger globaler Akteur. Doch hat sich in der Krise gezeigt, dass die Zusammenarbeit und Reaktionsfähigkeit innerhalb Europas gestärkt werden muss. Wichtiges Thema war auch, wie man die Rahmenbedingungen in der EU verbessern kann, damit Impfstoffe zukünftig vermehrt in Europa entwickelt und hergestellt werden können – und Europa in Zukunft noch besser auf Pandemien vorbereitet ist. Zu diesen politischen Überlegungen haben wir beigetragen.

Amtsaufgaben: Wie konnte das Paul-Ehrlich-Institut seine Arbeitsfähigkeit sicherstellen?

Vieths: Die systemrelevanten Aufgaben wie Zulassung, Arzneimittelsicherheit und Chargenprüfung mussten störungsfrei weiterlaufen. Assessorinnen und Assessoren konnten Zulassungen remote bearbeiten, da wir frühzeitig ein umfassendes mobiles Arbeiten eingeführt haben. Doch insbesondere der Ausfall der Chargenprüfung in den Laboren hätte unmittelbar Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von biomedizinischen Arzneimitteln gehabt. Deshalb haben wir einen Schichtdienst etabliert. Die Prüfungsteams hatten untereinander keinen Kontakt, sodass auch im Infektionsfall arbeitsfähige Teams zur Verfügung gestanden hätten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie technische Laborkräfte aus der Forschung haben das Laborpersonal verstärkt.

SARS-CoV-2-Infektionen: Wie konnte das Paul-Ehrlich-Institut Infektionsketten im Haus verhindern?

Vieths: Zentraler Baustein unseres Infektionsschutzkonzeptes war eine umfangreiche Teststrategie. Der interne medizinische Dienst – kurz IMD – führt seit März 2020 hausintern COVID-19-Testungen durch. Bei erkannter Infektion haben wir durch unmittelbare Ermittlung und Isolierung der Kontaktpersonen und umfangreicher Testung eine Ausbreitung eingedämmt oder ausgeschlossen. In mehr als einem Jahr Pandemie erkrankten nur 25 Personen aus der Belegschaft an COVID-19. In keinem Fall wurde die Infektion innerhalb des Paul-Ehrlich-Instituts weitergegeben.

Chargenprüfung mRNA-Impfstoffe: Wie war die schnelle Etablierung möglich?

Vieths: Wir haben parallel zur Zulassung Testmethoden für einen mRNA-Impfstoff und einen Vektorimpfstoff etabliert und validiert. Hier bewährte sich die in Europa fast einmalige Kombination von Forschung und Zulassung am Paul-Ehrlich-Institut sowie die intensive Einbindung in das Netzwerk der europäischen Kontrolllabore. Die ersten Chargen des COVID-19-Impfstoffes waren schon geprüft, als die Europäische Kommission die Zulassung am 28.12.20 aussprach. Die Impfungen konnten sofort starten.

IT-Infrastruktur: Was war die Herausforderung?

Vieths: Mobiles Arbeiten war auf einmal die neue Normalität. Die Zahl der Remote-Arbeitenden stieg in wenigen Wochen um ein Vielfaches an, virtuelle Besprechungen wurden zum Standard. Dafür mussten wir in kurzer Zeit technische Voraussetzungen schaffen und entsprechende Büroausstattung besorgen. Inzwischen können Mitarbeitende standortunabhängig auf die Systeme zugreifen und Vorgänge durchgehend digital bearbeiten.

Zukunftsvisionen: Wie stellt sich das Paul-Ehrlich-Institut die nächsten Jahre auf?

Vieths: Wir werden die Maßnahmen der 2020 abgeschlossenen Organisationsuntersuchung umsetzen und durch die Optimierung von Strukturen und Prozessen neue Ressourcen erschließen. Auch der Neubau des Paul-Ehrlich-Instituts in Langen ist auf einem guten Weg. In 2021 werden wir einen Architektenwettbewerb durchführen und voraussichtlich auch abschließen.

Ich bin überzeugt, dass wir mit diesem Bündel an infrastrukturellen und organisatorischen Maßnahmen die Zukunft des Paul-Ehrlich-Instituts als eines der führenden Arzneimittelinstitute auf dem Gebiet der Impfstoffe und biomedizinischen Arzneimittel sichern werden.

Cichutek: In der Pandemie konnten wir unsere Stärken nutzen, aber auch wertvolle Erfahrungen machen. Auf Basis dieser Erkenntnisse werden wir ein Pandemiezentrum für Impfstoffe am Paul-Ehrlich-Institut aufbauen. Dabei profitieren wir von unserer einmaligen Kombination von Forschung und Regulation sowie der produktspezifischen Spezialisierung – auch bei der Regulation aller anderen, nicht COVID-relevanten Impfstoffe und biomedizinischen Arzneimittel.